Arbeitskreis bekennender Christen

ABC-Versammlung – 1999

4. ABC-Versammlung

um Bekenntnis, Erneuerung und Einheit der Kirche

 12. – 14. Februar 1999 – Nürnberg

Evangelisch heute

In der Welt – gegenüber der Welt

 

Erklärung

Dankbar und staunend bekennt die vierte Versammlung um Bekenntnis, Erneuerung und Einheit der Kirche: Gottes Wort, das einst wie ein „fahrender Platzregen“ (Martin Luther) über die deutschen Lande gekommen ist, ist uns noch immer nicht genommen. Wir glauben, dass es uns auch den Weg in das neue Jahrhundert aufschließt.
Bei unseren Beratungen sind uns einmal mehr die vielschichtigen Auswirkungen der Reformation klar geworden. Luther entdeckte die Gerechtigkeit, die Gott aus Gnade schenkt (Röm 1,16f.; 3,21ff.). Diese Entdeckung wurde dahin verfälscht, als hätte er einen neuen Gott entdeckt, dessen Liebe ohne Eifer und dessen Gnade billig ist (Dietrich Bonhoeffer).
Das Evangelium „Jesus nimmt die Sünder an“ wird dahin verallgemeinert, als ob Gott der Sünde gegenüber gleichgültig wäre: „pardonner c‘est son métier“ (Voltaire: „Vergeben ist sein Beruf“). Gegen die Frivolität, die mit der Gnade Gottes spielt, stellt der Apostel Paulus die Taufe (Röm 6,1ff.). So haben wir in ihr neu den guten Grund entdeckt, warum wir evangelisch sind.

 

Der Apostel Paulus schreibt:

1. Wisst ihr nicht, dass die, die auf Christus Jesus getauft sind, die sind in seinen Tod getauft? (Römer 6,3)
Dankbar bekennen wir, dass Gott uns in der Taufe mit Christus Jesus vereint hat. Seine Güte erweist sich aber gerade darin, dass er unser Leben mitsamt seinem Bösen nicht in die Ewigkeit hinein verlängert. Er begleitet uns bis in den Tod und verheißt uns, dass unsere Sünde im Grab bleiben wird. Das wird in unserem Leben wirklich, wenn wir der Verheißung und Mahnung der Taufe im Glauben trauen. „Der alte Adam in uns soll durch tägliche Reue und Buße ersäuft werden und sterben mit allen Sünden und bösen Lüsten…“ (Kleiner Katechismus).
Aber nicht nur das persönliche, auch alles soziale Leben, ist der Sünde und darum dem Tod verfallen. So sehen wir in den Krisen und Umbrüchen, denen auch die Kirche und die „christlichen“ Kulturen seit jeher unterworfen sind, Zeichen eines göttlichen Gerichts: Es zerbricht und schafft Raum für ein Neues. Wir glauben, dass Gott in dieser Weise auch heute unter uns am Werk ist.
Deshalb fragen wir uns selbst und alle Glieder der Kirche: Glauben wir, dass wir in Christi Tod getauft sind? Bejahen wir in allen unseren Überlegungen zu Kirche und Welt ihr Gerichtsverfallenheit? Oder erheben wir die Forderung, die Liebe Gottes müsse sich hier und jetzt ungebrochen sichtbar machen lassen? Erheben wir Mächte und Entwicklungen dieser Zeit (Individualismus, Pluralismus, Feminismus etc.) zu Maßstäben für Verkündigung und Lehre? Wer solches tut, verleugnet seine Taufe.

 

2. So sind wir ja mit ihm begraben durch die Taufe in den Tod, damit, wie Christus auferweckt ist von den Toten durch die Herrlichkeit des Vaters, auch wir in einem neuen Leben wandeln. (Römer 6,4)
Dankbar bekennen wir, dass durch die Taufe die Herrlichkeit des Vaters unter uns wirksam ist. Wir wandeln in einem Leben, das neu geworden ist, so dass „…wiederum täglich herauskommen und auferstehen soll ein neuer Mensch, der in Gerechtigkeit und Reinheit vor Gott ewiglich lebe“. Diese Erneuerung wird vollendet, wenn wir durch Christus auferstehen werden. Noch ist aber diese Herrlichkeit nicht unser fester Besitz. Deshalb bleiben wir im Glauben angewiesen auf das, was uns Gott zur Erleuchtung und zum Trost gibt: Er hat seiner Gemeinde die Heilige Schrift gegeben und das Abendmahl gestiftet. So stellt er uns in die Gemeinschaft der verfassten Kirche.
Im Hinblick auf das zivile Zusammenleben erkennen wir mit Dankbarkeit, wie in der sozialen Zuwendung zu den Schwachen und Elenden vieles weiterlebt von der Liebe Jesu zu den Sündern. Wir sehen aus der Geistesgeschichte aber auch, daß der Sozialstaat verkommen kann zu dem gigantischen Versuch, das Evangelium abgesehen von der Bindung an die Taufe zur Geltung zu bringen: Die Gerechtigkeit, die Gott in Christus schenkt, wird umgeformt zu einem Rechts-gut, das der Mensch als Mensch einfordern kann. Die Vergebung Gottes wird faktisch ersetzt durch ein Verharmlosen der Schuld (soziale Ausbeutung, Ehebruch, Abtreibungen etc.) und das Verständnis der Menschen.
In der Perspektive, die Paulus aufzeigt, heißt das aber: Gott versuchen und die Menschen in die Irre führen. Die Verschleierung der Schuld verdeckt den Weg der Reue und Buße und endet im Verlust der Beziehung zu Gott und Menschen. Die Taufe hilft uns zu unterscheiden, dass wir von Menschen Menschliches erwarten und von Gott allein, was nur er geben kann: Die Herrlichkeit des neuen Lebens.